Bekämpfung von Rechtsextremismus im Internet und in sozialen Netzwerken

Antrag: Bekämpfung von Rechtsextremismus im Internet und in sozialen Netzwerken  – Drucksache 15/1069

Abg. Florian Wahl SPD:Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Spätestens seit den Morden durch die Zwickauer Zelle, die im letzten Herbst aufgedeckt worden ist, ist uns klar und müsste jedem klar sein, dass die Gefahr von rechts nicht nur periodisch und nicht nur aufgrund solcher Anlässe angegangen werden muss. Das ist eine dauernde Aufgabe. Wir müssen uns dem Kampf gegen rechts auf allen Feldern der Gesellschaft stellen. Ein umfassender Ansatz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Fremdenhass muss sich mit den Neonazis beschäftigen, die unsere Straßen unsicher machen. Aber die Extremisten müssen auch im virtuellen Raum bekämpft werden. Die SPD-Fraktion hat diesen Antrag nicht nur vorgelegt, um den Sachstand rechtsextremer Aktivitäten im Internet zu erörtern. Es geht uns vor allem darum, Konsequenzen für ein effektives Vorgehen gegen diese Aktivitäten zu ziehen. Wenn ich von einem umfassenden Ansatz spreche, dann betrifft das nicht nur die Polizei und die Ermittlungsbehörden, sondern dann müssen auch die Betreiber von sozialen Netzwerken und von Internetangeboten an dieser Sache beteiligt sein, und auch an die User, die Nutzer, müssen wir uns wenden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, eines muss klar sein: Unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien gelten auch im Internet. Sie gelten uneingeschränkt. Sie müssen effektiv durchsetzbar sein. Deswegen brauchen wir ein demokratisches, zivilgesellschaftliches Engagement. Wir müssen wachsam gegenüber den Umtrieben der Rechten sein. Das gilt gerade auch dann, wenn von den Urhebern dieser Seiten auf einschlägige Symbole und Rhetorik verzichtet wird. Egal, in welchem Gewand der Rechtsextremismus daherkommt, egal, wie attraktiv, wie modern, wie jugendgerecht, wie auch abenteuerlich manche Angebote sind, deren Charakter auf den ersten Blick häufig nicht erkannt werden kann, es bleibt dabei: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Dieses muss von allen Demokraten in unserer Gesellschaft gemeinsam bekämpft werden. Deswegen möchte ich jetzt hier – deshalb unser Antrag – nicht im Ungefähren bleiben, sondern konkrete Ziele benennen.

Erstens – das ist wichtig –: Die Nutzer von Webseiten und sozialen Netzwerken müssen strafbare Inhalte der Anbieter an­zeigen; diese müssen bei der Polizei angezeigt werden. Wer menschenverachtende Parolen von sich gibt, darf sich nicht darauf verlassen können, im Netz anonym zu bleiben.

Zweitens: Wir müssen eine effektive Zusammenarbeit mit den Anbietern von sozialen Netzwerken erreichen, um rechtswidrigen Aktivitäten auf die Spur zu kommen. Gerade wenn hier Straftaten geplant werden, brauchen wir dazu einen besseren Zugang.

Drittens: Wir müssen die Kooperation mit den anderen Ländern und auch mit dem Ausland verbessern, da rechtsradikale Webseiten häufig auf Servern im Ausland liegen. Die Betreiber halten sich leider nicht an Bundes- oder Landesgrenzen. Da muss eine besser vernetzte Zusammenarbeit stattfinden.

Der letzte und vielleicht wichtigste Punkt: Wir müssen die Prävention vorantreiben und die Sensibilisierung der Internetnutzer stärken. Wir müssen verhindern, dass es den Neonazis gelingt, mithilfe des Internets auf scheinbar unpolitische Weise Interesse zu wecken und junge Menschen mit ihrer Ideologie zu ködern.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das gilt vor allem auch für die Elterngeneration. Früher haben sich die Eltern Sorgen gemacht, wenn ihre Kinder auf der Straße spielten und nicht zur verabredeten Zeit nach Hause kamen, und sie haben sich gefragt, was alles mit den Kindern passieren könnte. Heutzutage aber bleiben die Kinder im Kinderzimmer vor ihrem Computer sitzen und bewegen sich durch die virtuelle Welt. Die Eltern haben die Situation nicht unter Kontrolle. Hier muss eine stärkere Sensibilisierung auch derjenigen Generation erfolgen, die nicht mit dem Internet aufgewachsen ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Man kann es, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit einem Satz auf den Punkt bringen: Was hier stattfinden muss, ist Medienerziehung. Dies darf nicht – so, wie das heute noch oft der Fall ist – ein Orchideenfach bleiben, und es reicht auch nicht, hierzu nur freiwillige Arbeitsgemeinschaften anzubieten. Medien-erziehung gehört heute zur grundlegenden Bildung junger Menschen. Sie muss fächerübergreifend im Schulalltag verankert sein, und darüber hinaus muss sie von zivilgesellschaftlichen Initiativen gefördert werden.

Denn die Lebensrealität, in der bereits meine Generation groß geworden ist – sie ist wahrscheinlich die erste Generation, die von Anfang an mit dem Internet, mit der multimedialen Welt aufgewachsen ist –, dürfen wir nicht außer Acht lassen. Wir müssen von verschiedenen Seiten her auf diese Herausforderungen reagieren; hierzu wird es höchste Zeit.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Wir müssen diesen Bereich der Bildung sehr ernst nehmen und ihn ausbauen.

Hierbei müssen wir Folgendes sehen: In diesem Bereich ist seit Jahren schon einiges getan worden. Ich will hier nur das Präventionsprojekt „Team meX“ erwähnen, das in Baden- Württemberg großartige Arbeit leistet und einen unschätzbaren Beitrag zur medialen Erziehung und Sensibilisierung darstellt. Es war wichtig, dass diese Koalition eine deutliche Aufstockung der Mittel für die Landeszentrale für politische Bildung beschlossen hat, die auch das „Team meX“ finanziert.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Auch das Projekt „Schule ohne Rassismus“ wird von uns finanziell gefördert. Dieses Projekt trägt bedeutend dazu bei, dass die Schülerinnen und Schüler frühzeitig die Gefahren kennenlernen und mit den Strategien der Rechtsextremen vertraut werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist unbestritten: Der Kampf gegen rechts muss von einer breiten Bewegung geführt werden. Der Staat kann allein die Strukturen treffen, aber nicht die kranke und gefährliche Ideologie in den Köpfen. Dazu sind öffentliches Engagement und Zivilcourage erforderlich. Ich möchte Widerstand und Empörung erleben, wenn ras­sistische Parolen auf der Straße, aber genauso auch bei Facebook oder SchülerVZ laut werden. Auch das gehört zu einer wehrhaften Demokratie.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)