„Arbeit schützt nicht mehr vor Armut“ – Podiumsdiskussion des SPD-Kreisverbands in Breitenstein

(Kreiszeitung – 18.03.2013)

Claus Schmiedel, Paul Schobel und Klaus Kittler reflektierten am Freitagabend in Breitenstein unter der Moderation des SPD-Landtagsabgeordneten Florian Wahl die aktuelle Situation der Arbeitslosen und Bedürftigen und lieferten Denkanstöße für zukünftige Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit und Armut.

Von Carina Frey

BREITENSTEIN. „Aktiv gegen Armut“ – unter diesem Namen hat die SPD-Landtagsfraktion eine öffentliche Kampagne ins Leben gerufen, die aufmerksam machen soll auf die Situation bedürftiger Menschen und auf Möglichkeiten und Wege gegen die Armutsbekämpfung. „Wir möchten im Rahmen dieser Kampagne die Armut unter einem einen anderen Blickwinkel betrachten“, sagte Claus Schmiedel, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und Mit-Initiator der Kampagne. „Statt über die Zahlen zu sprechen, sollen die Menschen und ihre persönlichen Krisen in den Mittelpunkt gerückt werden.“

Rund 40 Interessierte waren der Einladung in die Breitensteiner Halle gefolgt, um sich die Expertenmeinungen anzuhören und sich an der Podiumsdiskussion zu beteiligen. „Wir haben es beim Thema Armut mit einer ganzen Palette voll Problemen zu tun“, so Klaus Kittler von der Diakonie Baden-Württemberg, Abteilung Arbeitslosenhilfe, Armut und Existenzsicherung. Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland, ungelernte Arbeit nimmt immer weiter ab, Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder fehlen – dies sind nur einige Gründe für Arbeitslosigkeit und Armut. Und auch Menschen, die eine Arbeitsstelle haben, sind vor der Armut nicht mehr sicher. „Arbeit schützt nicht mehr vor Armut, denn ein Viertel aller Beschäftigten haben keinen existenzsichernden Lohn“, erläuterte Paul Schobel, ehemaliger Betriebsseelsorger und Leiter der Diözese Rottenburg.

Hinzu kämen neben materiellen Sorgen auch seelische Probleme: „Armut beschädigt den Ruf von Menschen und grenzt sie aus“, so Schobel. „So geht man in einer reichen Gesellschaft nicht miteinander um“, empört sich der ehemalige Industriepfarrer im Hinblick auf den Generalverdacht, der Bedürftigen gegenüber erhoben wird. „Das Menschenbild gegenüber den Armen ist dermaßen negativ“, bestätigte Kittler. Deshalb sei es wichtig, diese Menschen nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern ihnen vor allem zu zeigen, dass sie nicht alleine dastehen mit ihren Sorgen und Ängsten.

„Solange wir Armut haben in einem reichen Land, besteht wenig Anlass zu Zufriedenheit mit der wirtschaftlichen und politischen Situation“, meinte Paul Schobel und setzt seine Hoffnungen im Hinblick auf die weltweite Armutsbekämpfung auch auf den neuen Papst Franziskus I.

Ansätze zur Verbesserung der Situation von Langzeitarbeitslosen und Menschen ohne existenzsicherndes Einkommen sieht Schmiedel unter anderem darin, Bedingungen zu schaffen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Darüber hinaus müssen wir Wohnraum zur Verfügung stellen für Wenigverdiener, und zwar nicht nur am Stadtrand, abgegrenzt von der Mittel- und Oberschicht“, ergänzte Schmiedel. Außerdem müsse es im Wettbewerb endlich wieder um die beste Leistung gehen. „In Zeiten von Lohndumping geht es nur darum, wer der Billigste ist. Die Leistung bleibt dabei auf der Strecke. Das sind ungleiche Wettbewerbsbedingungen“, so der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion. Deshalb forderte er dazu auf, alle Unternehmen zur Tariftreue zu verpflichten. Auch Schobel appellierte an neue Förderungsmaßnahmen wie den gesetzten Mindestlohn und sprach sich dazu für eine erneute Diskussion über die Rentenversicherungsreform aus.

„Es gibt eine Menge Wege, die man beschreiten kann, man muss es nur tun“, pflichtete Kittler bei. Ein guter Weg sei das Landesarbeitsmarktprogramm. „Dort hat jeder Arbeitgeber die Möglichkeit, Stellen auszuschreiben, die dann an Langzeitarbeitslose vergeben werden. Nach der Arbeitsaufnahme werden die Angestellten weiterhin unterstützt und betreut, sodass sie nicht wieder in die Armut abrutschen.“

Abschließend griff Schobel die anfängliche Aussage Schmiedels auf: „Wir müssen der Armut ein Gesicht geben, denn Zahlen hat sie schon.“