Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz – PsychKHG) – Drucksache 15/5521

Abg. Florian Wahl SPD:
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Nicht erst durch den Fall Gustl Mollath ist uns wieder ins Bewusstsein gerufen worden, welche Emotionen, welche Ängste und teilweise auch welche Stigmatisierung auch in der Psychiatrie heute noch herrschen, vor allem welchen Ängsten wir in der Bevölkerung begegnen. Deswegen sehe ich das jetzt im Entwurf vorliegende Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz als ein Musterbeispiel dafür, wie mit dem Bewusstseinswandel, den wir noch stärker in der Bevölkerung implementieren müssen, umgegangen wird.
Das eine ist die inhaltliche Ebene – darauf werde ich noch zu sprechen kommen –, das andere ist die Frage der Bürgerbeteiligung, die Frage der Verbändebeteiligung, überhaupt der gesamte Prozess, der transparent und offen gestaltet worden ist.
Ich möchte mich auch einmal bei all den Menschen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, sich neben ihrer tag-täglichen Tätigkeit im psychiatrischen Bereich konzeptionell einzubringen, nach Stuttgart zu fahren, an Sitzungen teilzunehmen – und das neben ihrem normalen Geschäft. Ich denke, da ist an dieser Stelle eine besondere Würdigung notwendig.
Gerade auch um den Ängsten der Menschen zu begegnen, wonach alles, was in der Psychiatrie laufe, nicht transparent sei, und um mehr Offenheit herzustellen, war es, denke ich, ein wichtiges Zeichen, dass wir das Gesetzgebungsverfahren auf die Beteiligungsplattform gestellt haben und dadurch auch einen Diskussionsprozess gestartet haben. Ich denke, das, was dabei herausgekommen ist, kann sich mehr als sehen lassen.
Bestehende Strukturen wie die Gemeindepsychiatrischen Verbünde haben wir verpflichtend flächendeckend im Land verankert. Ich denke, eine stärkere strukturelle Verankerung im ländlichen Raum als durch dieses Gesetz hat es in diesem Bereich noch nie gegeben.
Der nächste Punkt sind die sozialpsychiatrischen Dienste. Es ist nicht nur so, dass wir gleich nach der Regierungsübernahme erst einmal die Mittel verdoppelt und verstetigt und damit praktisch wieder auf ein anständiges Niveau gebracht haben, sondern wir schaffen einerseits für die Beschäftigten Planungssicherheit – wir statten das anständig aus –, und wir sorgen andererseits auch dafür, dass vor Ort für die Menschen die Möglichkeit geschaffen wird, frühzeitig Hilfe zu erhalten. Auch das bedeutet übrigens eine Stärkung in der Fläche und des ländlichen Raums.
Was bei diesem Gesetz zudem ganz wichtig ist: Ich glaube, mehr Offenheit, mehr Transparenz, mehr Patientenrechte hat es in diesem Bereich in Baden-Württemberg und wahrscheinlich auch im ganzen Bundesgebiet noch nie gegeben.
Angesprochen worden sind bereits die standardisierten Melderegister über freiheitsentziehende Maßnahmen, die Informations- und Beratungsstellen. Wenn man in so eine Situation kommt, die immer noch mit einem gewissem Stigma behaftet ist – nicht nur bei sich, sondern auch im persönlichen Umfeld –, kann man sich an eine Informations-, Beratungs-, aber auch Beschwerdestelle wenden, und zwar vor Ort, im eigenen Landkreis.
Ich denke, das ist eine ganz wichtige Geschichte.
Wir werden auf Landesebene auch eine Ombudsstelle für diesen Bereich haben, die auch dem Landtag gegenüber berichtspflichtig sein wird.
Wir haben Maßnahmen in Bezug auf § 8 des Unterbringungsgesetzes schon vorgezogen, um mehr Rechtssicherheit für die Beschäftigten in der Psychiatrie zu schaffen, aber auch um ganz klar zu sagen: „Ja, es kann freiheitsentziehende Maßnahmen geben, es muss Zwangsmaßnahmen geben, aber diese sind nur in ganz, ganz engen Grenzen vertretbar.“ Diese Maßnahmen gehen jetzt auch in das im Entwurf vorliegende Gesetz über.
Ich denke, wir haben einen wichtigen Beitrag geleistet, indem wir in den Bereichen Psychiatrie und Maßregelvollzug, in denen – Kollege Lucha hat es richtigerweise angesprochen – uns allen in den nächsten Jahren noch ganz, ganz große Anstrengungen bevorstehen, ordentliche Strukturen geschaffen haben. Das Gesetz ist mustergültig. Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken.
Herzlichen Dank.