Gesundheitsfachberufe an Hochschulen – Akademisierungsperspektive

06.03.2013

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Gesundheitsfachberufe an Hochschulen – Akademisierungsperspektive – Drucksache 15/2333

Abg. Florian Wahl SPD: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Frau Kollegin Dr. Stolz, ich finde, das Parlament lebt von kontroversen Debatten, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Aber ich meine, gerade ist eine Chance vertan worden, zu zeigen, dass wir auch über die Fraktionen hinweg einen großen Zuspruch in dem Ziel haben, das wir erreichen wollen. Deswegen war mir nicht ganz schlüssig, in welche Richtung Ihre Rede führen sollte.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf der Abg. Dr. Monika Stolz CDU)

Ein Gesundheitssystem braucht ausreichendes und gut ausgebildetes Fachpersonal. Da sind wir uns einig. Wir haben ein Problem: Wir müssen die Attraktivität der Berufe in der Pflege, der Geburtshilfe und anderen Berufsfeldern steigern. Da sind wir uns einig. Ich halte es für dringend geboten, die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung gegenüber Frauen und Männern, die diesen Dienst machen, zu steigern. Auch da sind wir uns einig. Auch in der Analyse sind wir uns einig. Vor diesem Hintergrund hat der Wissenschaftsrat den Entschluss zur Teilakademisierung der Gesundheitsberufe getroffen.

Bisher leisten wir uns in Deutschland in der Pflegeausbildung einen gewissen Sonderweg. Denn die Mehrheit der Qualifikationsabschlüsse in den Mitgliedsstaaten der EU führt zum Bachelor of Nursing. Ich denke, auch da müssen wir etwas
machen. Auch da sind wir uns einig.

Daneben darf die dreijährige Ausbildung nach dem Realschulabschluss nicht entwertet werden. Wir müssen etwas Zusätzliches
einführen. Auch da, Frau Dr. Stolz, sind wir uns einig. Wir sehen, dass sich in diesem Bereich etwas tun muss. Gerade am angelsächsischen, aber auch am skandinavischen Pflegesystem, wo der Wechsel schon stattgefunden hat, sehen wir, welche Fortschritte gemacht worden sind. Auch da sind wir uns überfraktionell einig.

Deswegen ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle handeln, dass wir Modelle entwickeln, dass wir behutsam vorgehen, dass wir dies evaluieren. Das Problem ist nicht, dass wir den Bedarf nicht erkennen. Das Problem liegt in der Eingruppierung und der Bezahlung in diesen Bereichen. Unterschieden werden muss, ob jemand die Universität besucht hat oder eine dreijährige Ausbildung gemacht hat. An dieser Stelle muss etwas passieren. Sie haben dies erwähnt. Auch da sind wir uns einig.

Dass in Baden-Württemberg dringender Handlungsbedarf besteht, sehen wir allein an den schnöden Zahlen. Im Studiengang Pflege/Pflegemanagement an der Hochschule Esslingen gab es im Wintersemester 2011/2012 113 Bewerbungen bei 20 Studienplätzen. Daran sieht man, wie groß der Bedarf ist, wie groß auch der Zuspruch ist. Deshalb sind wir auch daran, dies weiterzuentwickeln. Wir müssen die Empfehlungen des Wissenschaftsrats umsetzen: 10 bis 20 % eines Ausbildungsjahrgangs in den Gesundheitsfachberufen sollen einen akademischen Hintergrund haben.

Das gilt nicht nur in der Pflege, sondern auch in den Bereichen Ergotherapie, Logotherapie, Physiotherapie und Geburtshilfe. Wir müssen jedoch behutsam vorgehen, nicht überstürzt, aber mit einem klaren Ziel vor Augen. Ich bin überzeugt, dass die Landesregierung hier auf dem absolut richtigen Weg ist.

Deswegen möchte ich die Gelegenheit nutzen, Ihnen, liebe Frau Ministerin Bauer, auch namens unserer Fraktion nochmals zur Auszeichnung zur Wissenschaftsministerin des Jahres zu gratulieren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Karl Rombach CDU)

Das ist doch das Zeichen, dass diese Koalition zusammen mit Ihnen jeden Tag für innovative und attraktive Hochschulen im Land kämpft. Von einer teilweisen Akademisierung der Gesundheitsfachberufe werden sowohl die Hochschulen in unserem Land als auch die Patientinnen und Patienten profitieren. Das muss das Ziel sein.

Herzlichen Dank.