Sucht im Alter – Drucksache 15/3922

27.03.2014

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren – Sucht im Alter – Drucksache 15/3922 (Geänderte Fassung)

Abg. Florian Wahl SPD: Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sucht im Alter und Sucht allgemein sind Tabus in unserer Gesellschaft. Aufgrund des demografischen Wandels stehen wir natürlich auch hinsichtlich der Fälle, die uns bevorstehen oder die heute schon stattfinden, vor einer ganz anderen Situation. Ich denke, auch in der Öffentlichkeit wird dieses Thema viel zu wenig beleuchtet. Umso besser ist es, dass dieser Antrag gestellt worden ist und wir heute darüber reden können. Denn normalerweise erlebt man die Schlagzeile „Sucht im Alter“ eigentlich nur, wenn Helmut Schmidt wieder einmal illegalerweise irgendwo auf einer Veranstaltung geraucht hat.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Dann berichtet die „Bild“-Zeitung darüber; aber darum geht es an dieser Stelle nicht.

Das ist eigentlich auch kein Thema, über das man lachen sollte, weil wir gerade dabei mit Menschen zu tun haben, die natürlich nicht mehr so stark in soziale Strukturen eingebunden sind, wie es Menschen sind, die im Erwerbsleben stehen, bei denen eventuell noch die Familie zu Hause ist und die Kinder nicht woanders wohnen, oder Menschen, die nicht verwitwet sind. Bei Menschen, bei denen es bedingt durch den Übergang in die Rentenphase zu großen Umwälzungen kommt, ist das oftmals auch mit einem Verlust von sozialen Kontakten verbunden.

Das hat natürlich zur Folge, dass die soziale Kontrolle und auch die Solidarität des Umfelds, mit dem man täglich zu tun hat, einfach abnehmen, wodurch jemand, der in eine Suchtproblematik kommt und sich zurückzieht, nicht so schnell auffällt. Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir gerade auf diese Bevölkerungsgruppe einen ganz sensiblen und intensiven Blick haben. Deswegen ist – das wurde von den Vorrednern schon angesprochen – auch das vernetzte Vorgehen in diesem Bereich von ganz großer Bedeutung.

Daher ist es wichtig, dass die Hausärzte sensibilisiert sind. Denn zum Arzt geht man auch, wenn man sich zurückzieht. Gerade ältere Menschen gehen aufgrund ihrer körperlichen Gebrechen regelmäßig zum Arzt. So können gerade die Ärzte, wenn sie so etwas wie Alkoholismus oder Medikamentenmissbrauch feststellen, am schnellsten wirken, indem sie die Betroffenen ansprechen und Hilfemöglichkeiten aufzeigen. Auch die Pflegestützpunkte – auch dies ist schon angesprochen worden – haben eine ganz wichtige Aufgabe.

Man muss auch dazusagen: Es sind natürlich auch ganz klar die Kassen zuständig. Auch diese haben an dieser Stelle ihre Aufgabe zu erfüllen und sich auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen einzulassen.

Das Sozialministerium und die Landesregierung haben sich durch die eingesetzte Arbeitsgruppe Suchtprävention dieser Thematik ganz aktuell gewidmet, wie man auch aus der Stellungnahme zum Antrag ersehen kann. Es wurden schon Modellprojekte auf den Weg gebracht – auf Landesebene und auch auf Bundesebene –, deren Ergebnisse derzeit evaluiert werden. Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns diesem Thema regelmäßig stellen.

Es geht nicht darum, der 95-jährigen Dame ihr abendliches Glas Rotwein zu verbieten oder da irgendwie präventiv wirken zu wollen. Vielmehr geht es darum, gesellschaftliche und soziale Isolation zu bekämpfen und auch auf diese Schattenbereiche Licht zu werfen. Das haben wir auch mit der heutigen Debatte getan. Deswegen bedanke ich mich recht herzlich dafür.