Wenn auf Worte Taten folgen

Gegen Hass, Hetze und rechte Gewalt – Wie stellen wir uns Rassismus und Diskriminierung entgegen?“  Um über dieses Thema zu diskutieren hatte der SPD-Landtagskandidat im Wahlkreis Böblingen-Sindelfingen, Florian Wahl, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), Derya Sahan, Fachreferentin in der Fachstelle Extremismusdistanzierung im Demokratiezentrum Baden-Württemberg, Birgit Kipfer, Sprecherin des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. in Baden-Württemberg, Zerina Loznica, engagierte Schülerin in Projekten für gesellschaftliche Vielfalt und die SPD-Kreisvorsitzende Jasmina Hostert zu Gast.

Florian Wahl blickt in seinem Vorwort auf den 19. Februar. An diesem Tag jährt der Anschlag in Hanau das ersten Mal. Die Anschläge in Hanau und Halle zeigen uns die „spitze des Eisbergs einer besorgniserregenden Entwicklung. Morddrohungen und Angriffe von Rechtsextremisten nehmen zu.“ Mit welchen Maßnahmen können wir dieser entgegentreten? Wie gehen wir mit Rassismus, Hass und rechter Gewalt um?

Zum Einstieg in die Diskussion findet Justizministerin Lambrecht klare Worte. Mit allen Möglichkeiten, die man als offene und tolerante Gesellschaft habe, müsse gegen Hass und Gewalt vorgegangen werden. „Die große Gefahr kommt von Rechts“. Die Ermordung des Politikers Walter Lübcke zeige, wie Worte eine Spirale des Hasses schürten, an dessen Ende eine Tat stand. Es sei wichtig zu erkennen, so Lambrecht, dass „das nicht allein Worte sind, so nach dem Motto, das wird man ja doch mal sagen dürfen, sondern dass das Grenzverschiebungen sind, die eben dann zu Taten führen.“ Meinungsfreiheit rechtfertige nicht, Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen, um eben dieselbe auszuhöhlen. Auf der einen Seite sei es wichtig, klare rechtliche Grenzen zu ziehen – gerade im Hinblick auf das Internet. Ein genauso wichtiger Konterpart sei die Stärkung der Zivilgesellschaft und der Präventionsarbeit.

Welche Bedeutung eine handlungsfähige Zivilgesellschaft hat, skizziert Derya Sahan vom Demokratiezentrum BW. Bei Radikalisierungsprozessen junger Menschen seien Beziehungen und Aufklärung außerhalb des extremistischen Milieus unheimlich wichtig. Die Expert*innen betonen, dass der Kampf gegen Ausgrenzung, Hass, Rassismus und Antisemitismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Die Bringschuld gegen Rassismus und Hass einzustehen, dürfe nicht bei den Betroffenen liegen, so Derya Sahan. Es sei die Aufgabe der Gesamtgesellschaft, betroffene Menschen zu unterstützen. Birgid Kipfer fordert mehr Engagement von der „Mitte der Gesellschaft“. Sie wünscht sich mehr gelebte Demokratie und breiteres gesellschaftspolitisches Engagement.

Lambrecht und Kipfer betonen mit Blick auf den Antisemitismus in Deutschland, dass wir mehr übereinander lernen und jüdisches Leben in unserer Gesellschaft mehr thematisieren müssen.

„Heute staune ich immer noch darüber, dass sowas möglich ist, dass Menschen sich in solche Bestien verwandeln.“ Jasmina Hostert ist aus dem Bosnienkrieg geflüchtet und hat miterlebt, wie Hass und Hetze zum Krieg führten. Sie warnt: „Wir sind seit einigen Jahren an dem Punkt angelangt, wo wir aufgefordert sind zu sagen, stopp, bis hier und nicht weiter. Wir müssen immer lauter sein als diese kleine Minderheit.“

Wie sich junge Menschen engagieren und für Toleranz in unserer Gesellschaft einsetzen, zeigt Zerina Loznica. Sie ist Schülerin und macht an ihrer Schule in unterschiedlichen Projekten auf das Thema Rassismus aufmerksam. Sie beschreibt, welche wichtige Rolle gerade auch die Lehrer bei diesem Thema spielen können. Ihr Geschichtslehrer habe ihre Klasse dazu animiert, Interviews mit Menschen mit Migrationshintergrund und Rassismuserfahrungen zu machen. Solche Projekte würden das Interesse ihrer Mitschüler für das Thema Rassismus wecken und dazu führen, dass sie andere respektieren, so wie sie sind.

„Wir brauchen die Demokraten, die das Tag täglich vor Ort leben“. Mit diesen Worten schaut Florian Wahl zum Abschluss der Diskussion mit großer Zuversicht und Dankbarkeit auf die wichtige Arbeit, die seine Gäste auf zivilgesellschaftlicher und politischer Ebene gegen Rassismus, Hass und rechte Gewalt leisten: „Das lebt ihr und das ist sehr wichtig.“