„Wir haben noch großen Nachholbedarf“

Quelle: KRZ von Dirk Hamann 04.02.2012

Gut besuchte Jahresauftaktveranstaltung der Böblinger SPD mit Integrationsministerin Bilkay Öney

BÖBLINGEN. Bilkay Öney ist ein attraktiver Gast. Kamen zur Jahresauftaktveranstaltung des SPD- Ortsvereins Böblingen vor zwei Jahren, als der heutige stellvertretende Ministerpräsident Nils Schmidt als prominenter Redner auftrat, nur rund 20 Gäste ins Rathaus, so ist diesmal im Wolfgang- Brumme- Saal fast jeder Platz besetzt.

Die zahlreichen Besucher sind vor allen Dingen gespannt darauf, was die neue Integrationsministerin Baden- Württembergs zu berichten hat.
Der SPD- Fraktionsvorsitzende im Böblinger Gemeinderat, Herbert Protze, spannt die Zuhörerschaft mittels einer kurz gehaltenen Begrüßungsansprache auch nicht lange auf die Folter. Er geht noch einmal auf das abgelaufene Jahr ein, feuert ein paar Spitzen in Richtung Oberbürgermeister Wolfgang Lützner ab und äußert gleichzeitig seinen Wunsch auf bessere Zusammenarbeit zwischen OB und Gemeinderat.

Florian Wahl, Vorsitzender der Böblinger SPD, Landtagsabgeordneter sowie Mitglied im Kreistag und Gemeinderat, sorgt schließlich für die Überleitung hin zu Bilkay Öney. „Sie hat in Sachen Integration im Land mehr bewegt als die Vorgängerregierung in einem halben Jahrhundert“, lobt er die Ministerin – die das Kompliment, ganz Gentlewoman, postwendend zurück gibt: „Flo hat bei mir einen Stein im Brett. Böblingen darf froh sein, einen solch engagierten, leidenschaftlichen Nachwuchspolitiker zu haben.“

Dann steigt Bilkay Öney ins Thema ein. In ihr Thema. „Wir können es uns nicht leisten, große Teile der Bevölkerung auszuschließen“, sagt sie und kündigt ihr Vorhaben an, das Jahr 2012 zum „Jahr der Integration“ machen zu wollen. Das friedliche Zusammenleben, das Anderssein zu akzeptieren und zu respektieren, hält sie dabei für unabdingbar. Diese „intellektuelle Öffnung“ beinhalte für sie auch, dass die Verwaltung eine Vorbildfunktion übernehme. „Da haben wir noch großen Nachholbedarf“, findet sie. „Wir wollen den Anteil der bei uns beschäftigten Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, erhöhen.“

Weitere zentrale Anliegen sieht sie in der leichter erreichbaren Anerkennung von im Ausland erlangten Berufsabschlüssen, was dazu beitrage, den Bedarf an dringend benötigten qualifizierten Arbeitskräften abzudecken. Großes Potenzial sieht sie auch darin, mehr Firmeninhaber mit Migrationshintergrund dafür zu begeistern, auszubilden. „Von 100 000 Betrieben dieser Art bilden aktuell nur 20 000 aus“, erklärt sie und zeigt zudem auf, dass der Pflege- und Gesundheitssektor ein weiteres Gebiet sei, in dem der Bedarf an Personal weiter wachsen werde und in dem noch zu wenige Menschen mit Migrationshintergrund tätig seien. Aussagen, für die sie kopfnickende Zustimmung erhält. Dann holt sie aus zu ihrem Schlusssatz: „Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“, stellt sie klar und erntet viel Beifall für einen interessanten und attraktiven Redebeitrag.