„Dort, wo es starke Betriebsräte gibt, ist der Schutz für die Beschäftigten größer“

Nachhaltig und arbeitnehmerfreundlich – wie kann die Transformation der Automobilindustrie gelingen? Florian Wahl diskutiert mit Arbeitsmarktpolitikerin Katja Mast, Daimler-Betriebsrat Ergun Lümali und Auszubildendenvertreterin Vanessa Noschka über die Transformation in der Automobilindustrie.

„Es ist völlig klar, wir sind mitten in einem gigantischen Transformationsprozess“, betont Katja Mast in ihrem Impuls. Die Automobilindustrie sei in besonderem Maße von einschneidenden Prozessen betroffen und die Ursachen und Herausforderungen dafür seien sehr vielfältig.
Betriebsratschef Ergun Lümali spricht von einer „Strukturkrise“ und einem „Gestrüpp vieler Themen“. Die Transformation hin zur Klimaneutralität, Belastungen durch Corona, Kostensenkungsmaßnahmen und die Neustrukturierung der Arbeit durch die Digitalisierung sowie durch künstliche Intelligenz würden die Unternehmen stark unter Druck setzen.
Lümali und Mast unterstreichen die Wichtigkeit, dass diese Transformationen fair und in enger Zusammenarbeit mit der Politik, einer starken Arbeitnehmervertretung und den Unternehmen zu gestalten sei. Dafür brauche es tarifliche, aber auch gesetzliche Regelungen, die diese Transformation begleiten.

In den vergangenen Jahren sei verstärkt die junge Generation auf die Straße gegangen, um „für mehr Klimaschutz“ zu demonstrieren. „Hast du Verständnis für die jungen Leute und was würdest du ihnen sagen“, fragt Florian Wahl, Ergun Lümali den Betriebsratsvorsitzenden am Standort Sindelfingen.
Lümali antwortet mit einem klaren Bekenntnis zum Klimaschutz. „Es ist offensichtlich, dass wir so nicht weiter machen können. Natürlich bin ich froh, dass die junge Generation so viel Courage beweist etwas verändern zu wollen. Daher kann ich absolut zustimmen – macht weiter so“.
Gleichwohl gelte es zu beachten, dass die Transformation nicht auf den Schultern der Arbeitnehmer*innen ausgetragen werden dürfe. „Ja wir müssen ökologischer werden, aber es muss im Einklang mit Existenzen und Arbeitsplätzen stehen“, so Lümali. Der Wandel könne nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. „Ich bitte um etwas mehr Zeit, damit Arbeitsplätze weiterhin gesichert bleiben“. Der Ausführungsprozess müsse generationenübergreifen und gemeinschaftlich gestaltet werden. Hinsichtlich des Transformationsprozesses im Werk Sindelfingen zeigt sich Lümali optimistisch. „Mit dem, was wir als Betriebsräte gemeinsam mit der IG Metall und dem Standort Sindelfingen vereinbart haben, bin ich wirklich sehr zuversichtlich für die nächsten 10 Jahre Arbeit.“

Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen seien jedoch starke Betriebsräte in den Unternehmen. „Wenn wir im Wandel Schutz und Chancen brauchen, dann ist überall dort der Schutz größer, wo es Betriebsräte gibt.“, unterstreicht Katja Mast.

Florian Wahl wirft in diesem Punkt einen kritischen Blick auf die jetzige Landesregierung. „Was wir in den letzten Jahren nicht so erlebt haben, ist, dass Arbeitsmarktpolitik auch auf der Landesebene stattfinden muss.“

Vanessa Noschka bereichert die Diskussion als Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung durch ihr Perspektive der jungen Generation. Sie beschreibt zwiespältige Gefühle bei der jungen Generation. Viele würden optimistisch in die Zukunft blicken. Man würde sich aber auch Sorgen um Arbeitsplätze und Jobsicherheit machen. Im Hinblick auf die Ausbildung sei es daher wichtig, dass die junge Generation gut auf den Wandel vorbereitet werde. Noschka weist darauf hin, dass durch den Wandel neue Berufsprofile in den Unternehmen hervortreten. So werde die Nachfrage in den Bereichen IT und Software steigen. „Dahingehend müssen Ausbildungsberufe gefördert werden, die zukunftsgerichtet sind.“Den Wandel in den Ausbildungsberufen sowie durch Qualifizierungsmaßnahmen und Weiterbildungen mitzugestalten sei auch Aufgabe der Politik.