„Ein Meilenstein der Queerpolitik in Baden-Württemberg!“

Auf ihrem Landesparteitag nahm die SPD Baden-Württemberg am Samstag einstimmig einen umfassenden Antrag des SPD-Landesvorstands sowie der SPD Queer zur Queerpolitik an. „Mit diesem Beschluss zeigt die SPD Baden-Württemberg, dass queere Menschen in jedem Bereich der Politik mitgedacht werden müssen!“, erklärte der queerpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und das Mitglied des Landesvorstands, Florian Wahl.

Mit dem ersten Grundsatzantrag nimmt die SPD Baden-Württemberg queere Menschen umfassend in den Blick. „In der Politik werden Menschen, die nicht heterosexuell sind, häufig vernachlässigt. Das wollen wir nicht länger hinnehmen“, betonte Florian Wahl, der den Antrag für den SPD-Landesvorstand eingebracht hat. Deshalb haben der Landesvorstand und die SPD-Queer einen Antrag ausgearbeitet, der konkrete queerpolitische Forderungen formuliert. „Mit diesem Antrag machen wir keine Lifestyle-Politik, sondern es geht vielmehr um die Schaffung gerechter Lebensbedingungen für alle“, stellte der queerpolitische Sprecher klar. Christian Gaus ergänzt für den Vorstand der SPD Queer: „Wir als SPD haben das Ziel, jedem Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen und entsprechende Voraussetzungen für Teilhabe zu schaffen.“

Obwohl sich die Situation queerer Menschen in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert habe, existierten nach wie vor Strukturen, die queere Menschen systematisch benachteiligen. Besonders deutlich sei das im Zuge der Coronapolitik geworden: „In der Krise zeigt sich, dass Menschen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen, keine Priorität der Politik sind. Die Corona-Pandemie hat wie ein Brennglas die Benachteiligung queerer Menschen offengelegt und gezeigt, wo dringender Handlungsbedarf besteht“, kritisiert Wahl. Eine zentrale Forderung des Beschlusses sei deshalb, dass Gesetzesentwürfe auf jeder Ebene daraufhin überprüft werden, ob sie auch die Belange queerer Menschen hinreichend berücksichtigen. Dazu bedürfe es klarer Regelungen und Strukturen auf legislativer und exekutiver Ebene.

Ein besonderes Gewicht legt der Beschluss auf die Rechte von queeren Kindern und Jugendlichen. „Queere Jugendliche sind in besonderem Maße gefährdet, Opfer psychischer und physischer Gewalt zu werden“, führte Florian Wahl aus. „Das gilt insbesondere auch im eigenen Elternhaus, in dem sie oft nicht so akzeptiert werden, wie sie sind.“ Die SPD fordert deshalb, umfassende Strukturen queerer Jugendarbeit aufzubauen. Insbesondere fordert sie, die queere Jugendarbeit insgesamt zu professionalisieren und flächendeckend hauptamtliche Stellen zu schaffen. Nur dadurch könne gewährleistet werden, dass queere Kinder und Jugendliche im ganzen Land diejenigen Ressourcen vorfänden, die sie brauchten.

Im Fokus der Politik sollen zukünftig auch insbesondere die Rechte von trans* Menschen stehen. „Trans* Menschen wurden seit jeher in außerordentlichem Maße diskriminiert. Diese Diskriminierungsmechanismen wollen wir abbauen“, sagte Wahl. Durch die Pandemie seien sog. safe spaces komplett weggefallen, geschlechtsangleichende Operationen hätten kaum durchgeführt werden können. „Dies hat die ohnehin schon schwierige Situation, in der sich viele trans* Personen befinden, noch weiter verschlechtert. Viele hatten dadurch massive psychische Probleme“, so Wahl. Von herausragender Bedeutung sei es deshalb, schnellstmöglich Bedingungen dafür zu schaffen, dass Transitionsprozesse unproblematisch verlaufen. Dazu gehörte neben verbindlichen Fortbildungen für Therapeut*innen auch eine allgemeine Neuregulierung. Insbesondere müsse das „Transsexuellengesetz“ (TSG) durch eine angemessene Neuregelung in Form eines Selbstbestimmungsgesetzes ersetzt werden. Wahl: „Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder Teile des TSG für verfassungswidrig erklärt. Wir wollen eine Politik, die ihrem gestalterischen Auftrag gerecht wird und endlich menschenwürdige Bedingungen für alle schafft. Dafür haben wir am Samstag das Fundament gelegt.“ Und Christian Gaus legt nach: „Deshalb haben wir als SPD Queer auch ganz klare Erwartungen an die Verhandelnden für eine Ampelkoalition in Berlin. Es braucht unbedingt eine Einigung auf ein Selbstbestimmungsgesetz und die Abschaffung des bisherigen TSG.“